Geschrieben von Allie Anderson
Die meisten werdenden Eltern wollen einfach ein gesundes, glückliches Baby. Aber laut einer Umfrage von Gallup aus dem Jahr 2018 wünschen sich 36 Prozent der US-Amerikaner*innen einen Jungen, 28 Prozent ein Mädchen und 36 Prozent sagen, dass es für sie keine Rolle spielt. Diese 36 Prozent fragen sich vielleicht einfach nach Sexstellungen, um ein Kind zu zeugen. Während einige Menschen angaben, dass es ihnen egal ist, scheinen viele immer noch eine Vorstellung davon zu haben, wie ihre Familie zusammengesetzt sein soll. Aber kann man das Geschlecht seines Babys beeinflussen?
Die Idee, dass du Mutter Natur unter die Arme greifen kannst, indem du in bestimmten Stellungen Sex hast, um ein Mädchen zu zeugen, ist nicht neu. Aber was sagt die Wissenschaft dazu? Wir haben eine Gynäkologin gefragt.
Wobei kann Flo dir helfen?
Sexstellungen, um ein Mädchen zu zeugen: Wie bekomme ich ein Mädchen?
Jede*r von uns hat 23 Chromosomenpaare, wovon eines das biologische Geschlecht bestimmt. Wenn jemand schwanger wird, erbt das Baby von jedem Elternteil ein Geschlechtschromosom.
Ein X-Chromosom kommt von der Eizelle, und das Spermium liefert entweder ein X- oder ein Y-Chromosom. Wenn zwei X-Chromosomen vereint werden, wird das Baby ein Mädchen, während ein Baby mit einem X- und einem Y-Chromosom ein Junge wird. Es sind also die Spermien, die das biologische Geschlecht eines Babys bestimmen: Im Wettlauf um die Befruchtung der Eizelle muss ein Spermium mit einem X-Chromosom gewinnen, um ein Mädchen zu bekommen.
Hier ist es wichtig zu erwähnen, dass es einen Unterschied zwischen Geschlecht und Gender gibt. Das biologische Geschlecht wird bei der Geburt von einer ärztlichen Fachperson zugewiesen und bezieht sich auf biologisch definierte Merkmale. Das Gender ist die persönliche Wahrnehmung eines Menschen. Bei manchen Menschen stimmen Geschlecht und Gender überein. Bei anderen ist das nicht der Fall und das ist auch völlig okay.
Sexstellungen, um ein Mädchen zu zeugen: Wie hoch sind die Chancen, ein Mädchen zu bekommen?
Das Geschlechterverhältnis, d. h. das Verhältnis von weiblichen zu männlichen Geburten, ist leicht zugunsten der Männer verschoben. Einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation aus dem Jahr 2011 zufolge sind etwa 49 Prozent der Geburten Mädchen und 51 Prozent Jungen.
Sexstellungen, um ein Mädchen zu zeugen: Die Shettles-Methode
Wenn du nach Sexstellungen suchst, um ein Mädchen zu zeugen, wirst du mit Sicherheit auf die stark umstrittene „Shettles-Methode“ stoßen. Aber was genau ist sie?
In den 1960er-Jahren untersuchte der US-amerikanische Arzt Landrum B. Shettles Spermien und ihre Eigenschaften. Seine Erkenntnisse wurden als „Shettles-Methode“ bekannt und bildeten die Grundlage seines Bestsellers How to Choose the Sex of Your Baby. Mehr dazu gleich.
Seit Jahrzehnten versuchen Paare, den Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs zu planen und bestimmte Stellungen zu wählen, um die Chancen auf ein Mädchen oder einen Jungen zu erhöhen. Dabei gibt es zahlreiche Beweise dafür, dass all dies keinen Unterschied macht (und dass das biologische Geschlecht des Kindes nicht unbedingt auf das Gender des Kindes schließen lässt).
Sara Twogood ist Fachärztin für Geburtshilfe und Gynäkologie bei der Cedars Sinai Medical Group in Los Angeles und hält die Shettles-Methode für veraltet und fehlerhaft. „Dr. Shettles hat seine Theorie auf erhobenen Daten begründet, also war sie in dieser Hinsicht wissenschaftlich“, sagt sie. „Allerdings widerlegen mehrere andere Studien seine Theorie. Es gibt keine Beweise dafür, dass bestimmte Sexstellungen oder ein bestimmter Zeitpunkt im Menstruationszyklus die Wahrscheinlichkeit erhöhen, ein Mädchen zu bekommen.“
Lass uns die Behauptungen von Shettles und andere Mythen rund um die Befruchtung genauer unter die Lupe nehmen und herausfinden, was die Wissenschaft sagt.
Sexstellungen, um ein Mädchen zu zeugen: Unterschiede zwischen den Spermien
Shettles untersuchte Sperma unter einem Mikroskop und behauptete, zwei Dinge bemerkt zu haben: Spermien mit dem X-Chromosom, aus denen Mädchen gezeugt werden, sind nicht nur länger als Spermien mit dem Y-Chromosom, sondern sie leben auch länger und überleben besser in einem leicht sauren Milieu wie der Vagina.
Spermien mit dem Y-Chromosom, so behauptete er, können schneller schwimmen, weil sie kleiner und schlanker sind. Aber sie sterben auch schneller ab und bevorzugen ein weniger saures Milieu wie die Gebärmutter und der Gebärmutterhals.
Du fragst dich vielleicht, was das alles zu bedeuten hat. Wenn du ein Mädchen zeugen willst, dann wäre es laut Shettles sinnvoll, die Bedingungen zu optimieren, unter denen Spermien mit dem X-Chromosom eine Eizelle befruchten können. Inzwischen haben Studien jedoch ergeben, dass Spermien mit dem X-Chromosom und Spermien mit dem Y-Chromosom gar nicht so unterschiedlich sind, wie Shettles glaubte.
Seit der Veröffentlichung von Shettles Buch vor 50 Jahren hat sich die Reproduktionstechnik so stark weiterentwickelt, dass Wissenschaftler*innen inzwischen computergestützte Analysen anstelle von Mikroskopen verwenden, um Spermien aus der Nähe zu untersuchen. Sie haben herausgefunden, dass es keine strukturellen Unterschiede zwischen Spermien mit X-Chromosom und Y-Chromosom gibt, abgesehen von den Unterschieden in der DNA (welches Chromosom sie enthalten).
Sexstellungen, um ein Mädchen zu zeugen: Das richtige Timing von Sex, um ein Mädchen zu zeugen
Shettles glaubte auch, dass der Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs im Verlauf des Menstruationszyklus deine Chancen, ein Mädchen zu bekommen, beeinflussen kann. Wann kann man am einfachsten ein Mädchen zeugen?
„Die Theorie besagt, dass das X-Chromosom größer und schwerer ist als das Y-Chromosom, sodass die Spermien mit Y-Chromosom schneller schwimmen“, erklärt Twogood. „Laut Shettles sind Spermien mit dem X-Chromosom widerstandsfähiger. Wenn du also länger vor dem Eisprung Sex hast, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass du ein Mädchen bekommst.“
Um die Chancen auf ein Mädchen zu erhöhen, empfahl Shettles, in den Tagen unmittelbar nach der Periode Sex zu haben und etwa drei Tage vor dem Eisprung ganz darauf zu verzichten. Zum Zeitpunkt des Eisprungs seien wahrscheinlich nur noch die widerstandsfähigeren Spermien mit dem X-Chromosom am Leben, behauptete er.
Aber andere Wissenschaftler*innen stimmen dem nicht zu. So widerlegte die Arbeit der Gesundheitsforscherin Elizabeth Whelan in den 1970er-Jahren die Shettles-Methode und legte sogar das Gegenteil nahe. Wie kann man also laut Whelan einen Jungen oder ein Mädchen zeugen? Whelan zufolge würde Sex vier bis sechs Tage vor dem Eisprung – also zeitnah nach dem Ende der Periode – einen Jungen und kein ein Mädchen zeugen.
Der Epidemiologe Allen J. Willcox, M.D., und seine Kolleg*innen untersuchten auch den Verlauf von 192 Schwangerschaften bei 221 gesunden Frauen in North Carolina in den 1980er-Jahren. In ihrer 1995 veröffentlichten Studie fanden sie „keine systematischen Unterschiede zwischen den Verhaltensweisen beim Sex, die Jungen bzw. Mädchen zeugen.“
Das Timing von Sex in der Hoffnung, ein Mädchen zu bekommen, ist also nicht wissenschaftlich begründet. Was wir wissen, ist, dass Sex während deines fruchtbaren Fensters deine Wahrscheinlichkeit erhöht, schwanger zu werden – entweder mit einem Mädchen oder einem Jungen. Es gibt jedoch keine Stellungen, die es wahrscheinlicher machen, ein Kind zu zeugen. Wenn du eine App bzw. einen Periodenkalender zum Perioden-Tracking wie Flo herunterlädst, kannst du herausfinden, wann du am wahrscheinlichsten schwanger wirst. Um die fruchtbaren Tage zu bestimmen, ist es außerdem hilfreich, die Konsistenz seines Ausflusses zu verfolgen. Beispielsweise eiweißartiger Ausfluss kann Aufschluss darüber geben, wo im Zyklus man sich gerade befindet.
Sexstellungen, um ein Mädchen zu zeugen: Was funktioniert?
Der Glaube, dass es eine Sexstellung gibt, die deine Chancen erhöht, ein Mädchen zu zeugen, ist weit verbreitet. Schließlich haben Shettles – und andere seither – behauptet, dass das Geschlecht eines Babys nicht nur davon abhängt, wann du Sex hast, sondern auch wie.
Shettles empfahl, dass die besten Sexstellungen für die Zeugung eines Mädchens diejenigen sind, bei denen die Penetration nicht sehr tief ist.
Die Theorie besagt, dass bei einer nicht sehr tiefen Penetration eher ein Mädchen gezeugt wird, weil das Spermium länger leben muss, um die Eizelle zu befruchten. Dazu muss es das saure Milieu der Vagina überleben, das das Spermium mit dem X-Chromosom begünstigt.
Daher sind Stellungen, in denen man sich in die Augen schauen kann, ideal für die Zeugung eines Mädchens, wobei die altmodische Missionarsstellung die beste Option ist. Bei einer tiefen Penetration – zum Beispiel von hinten – ist es wahrscheinlicher, dass Spermien mit dem Y-Chromosom eine Eizelle befruchten, weil sie näher am Gebärmutterhals ejakuliert werden, wo das Milieu weniger sauer und dafür basischer ist.
Neuere Studien haben jedoch die Behauptungen von Shettles widerlegt. Im Jahr 2020 überprüften Wissenschafter*innen in Südkorea eine Reihe von Studien, die bis in die 1950er-Jahre zurückreichen und sich mit den Eigenschaften von männlichen (Y) und weiblichen (X) Spermien befassten. Sie kamen zum Ergebnis, dass sich die Unterschiede zwischen ihnen nur auf den Inhalt ihrer DNA beschränken.
Mit anderen Worten: Es gibt keine Beweise dafür, dass sich Spermien mit dem X-Chromosom und die mit dem Y-Chromosom in Form, Größe oder Geschwindigkeit unterscheiden, oder in der Art, wie sie auf den pH-Wert ihrer Umgebung reagieren. Die Sexstellung hat also keinen Einfluss darauf, ob du einen Jungen oder ein Mädchen bekommst.
Ähnlich verhält es sich mit der Idee, dass Sex mit der Partnerin oben die Chancen auf ein Mädchen erhöhen kann, weil sie die Tiefe der Penetration kontrollieren kann. Es wurde aber auch schon behauptet, dass Sex mit der Partnerin oben die Wahrscheinlichkeit, überhaupt schwanger zu werden, verringert, weil die Schwerkraft gegen sie arbeitet.
Twogood betont jedoch, dass die Sexstellung absolut keinen Unterschied macht, ob ein Junge oder ein Mädchen gezeugt wird. „Spermien werden nicht durch die Schwerkraft unterstützt oder behindert“, sagt sie. „Egal in welcher Position: Wenn die Spermien in die Vagina ejakuliert werden, sind sie nahe am Gebärmutterhals. Die Spermien können innerhalb weniger Minuten durch das Fortpflanzungssystem der Frau in die Eileiter gelangen.“
Sexstellungen, um ein Mädchen zu zeugen und andere Mythen: Fazit
Erhöhen bestimmte Sexstellungen deine Chancen, ein Mädchen zu zeugen? Mit einem Wort: Nein.
Vielleicht findest du manche Stellungen angenehmer als andere, aber es gibt keine Beweise dafür, dass eine von ihnen das Geschlecht des Babys beeinflusst.
Die Forschung der letzten Jahrzehnte hat außerdem ergeben, dass es keinen Beweis dafür gibt, dass der Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs darüber entscheidet, ob du einen Jungen oder ein Mädchen bekommst.
Grundsätzlich gilt: Die Wahrscheinlichkeit, dass du einen Jungen bekommst, ist zwar minimal größer (aufgrund des Verhältnisses von männlichen und weiblichen Geburten), aber du kannst während der Zeugung nichts tun, was das Geschlecht deines Babys beeinflussen könnte.
Es kann viel Spaß machen, vor der Geburt das Geschlecht, die Eigenschaften und die Persönlichkeit deines Babys zu erraten. Aber letztendlich hängt alles vom Zufall ab.
Quellen
Newport, By Frank. “Slight Preference for Having Boy Children Persists in U.S.” Gallup.Com, 13. August 2021, news.gallup.com/poll/236513/slight-preference-having-boy-children-persists.aspx. Abgerufen am 17. November 2021.
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Hossain, Amjad M., et al. “Lack of Significant Morphological Differences Between Human X and Y Spermatozoa and Their Precursor Cells (Spermatids) Exposed to Different Prehybridization Treatments.” Journal of Andrology, www.readcube.com/articles/10.1002%2Fj.1939-4640.2001.tb02161.x. Abgerufen am 17. November 2021.
Whelan, Elizabeth Murphy. “Human Sex Ratio as a Function of the Timing of Insemination within the Menstrual Cycle: A Review.” Social Biology, Bd. 21, Nr. 4, 1974, S. 379–84. Crossref, doi:10.1080/19485565.1974.9988136. Abgerufen am 17. November 2021.
Wilcox, Allen J., et al. “Timing of Sexual Intercourse in Relation to Ovulation — Effects on the Probability of Conception, Survival of the Pregnancy, and Sex of the Baby.” New England Journal of Medicine, Bd. 333, Nr. 23, 1995, S. 1517–21. Crossref, doi:10.1056/nejm199512073332301. Abgerufen am 17. November 2021.